Den ökologischen Fussabdruck der Energiesysteme des Gebäudes möglichst klein halten

Die Konsequenzen, die für die Umwelt aus der Abstimmung zwischen dem Energiebedarf eines Gebäudes und dem ökologischen Fussabdruck der möglichen Versorgungsquellen entstehen, sind bis heute wenig untersucht. Mithilfe eines Tools können jetzt verschiedene Strategien zur genaueren Dimensionierung der Energieanlagen eines Gebäudes entwickelt und dadurch ihre Funktionsfähigkeit optimiert werden. Das Tool informiert ausserdem über die umweltfreundlichsten Energiequellen für jede untersuchte Variante.  

In der Schweiz wie auch in anderen Ländern unterliegt der Energiebedarf je nach Uhr- und Jahreszeit starken Schwankungen. Besonders hoch ist der Energieverbrauch an Winterabenden, wenn Heizung und Haushaltsgeräte gleichzeitig zum Einsatz kommen. Im Sommer wird generell weniger Energie verbraucht, dafür erreicht die Energiegewinnung über Solarmodule am frühen Nachmittag Höchstwerte. Diese Unausgewogenheit zwischen Verbrauch und Produktion ist problematisch, insbesondere deshalb, weil die Energiespeicherung sich heutzutage auch auf die Umwelt auswirkt.

Ein Tool zur Entwicklung leistungsfähigerer Energiesysteme
Didier Vuarnoz
, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsgruppe EPFL Building 2050 des smart living lab befasste sich gezielt mit der Integration erneuerbarer Energiequellen und ihrer Speicherung im Bereich des Gebäudes, um dessen Umweltbilanz zu verbessern.
Das von ihm geleitete Forschungsteam erarbeitete ein vielseitiges Simulationstool. Dieses Tool dient dazu, die Leistungsfähigkeit der Energiesysteme eines Gebäudes anhand von Mehrfachkriterien zu bewerten (Kohlenstoffemission, Autonomie, Minimierung des Verlusts durch Speicherung, usw.). So können die verschiedenen Möglichkeiten der Dimensionierung und die Technologien zur Energiegewinnung oder –speicherung schnell verglichen werden, um die besten Varianten herauszufiltern.

Für die modellhafte Darstellung der verschiedenen Möglichkeiten sollten folgende grundlegende Aspekte berücksichtigt werden:

- die Eigenschaften des Gebäudes
- die Nutzer und ihr Verhalten im Gebäude
- das Potenzial der Nutzer, ausserhalb der Stosszeiten Energie zu verbrauchen und so dazu beizutragen den Verbrauch zu „glätten“
- die Umweltbelastung durch traditionelle Energien
- die Auswirkungen erneuerbarer Energien und ihrer Speicherung

Von der Bedarfsvorhersage zur Optimierung des Gebäudebetriebs
Um die entwickelte Methode zu testen, wurde eine Fallstudie entwickelt: das smart living building, künftiges Forschungs- und Entwicklungszentrum für die Mitarbeiter und die Forscher des smart living lab. Mithilfe einer Studie, die 1600 Forscher und Mitarbeiter von Hochschulen einbezog (stellvertretend für die künftigen Nutzer), wurden die Bedürfnisse dieser Bevölkerungsgruppe identifiziert. Anhand der Ergebnisse wurde ein Jahr lang der Energieverbrauch des Gebäudes und seiner künftigen Nutzer Stunde für Stunde simuliert, wobei die spezifischen Umwelt- und Klimabedingungen am Standort der blueFACTORY, an dem das smart living building gebaut wird, berücksichtigt wurden. „So konnten Prognosen gemacht werden, die die Bemessung der Energieinfrastruktur des smart living building erleichtern.“, erklärt Didier Vuarnoz.
Wenn das Gebäude bewohnt ist, möchte das Team die Nutzer über die CO2-Bilanz ihres eigenen Verbrauchs informieren, damit sie wissen, zu welchem Zeitpunkt die verbrauchte Energie die Umwelt am wenigsten belastet. Es geht darum, „besser“ zu konsumieren, indem man direkt die vom Gebäude produzierte erneuerbare Energie nutzt, wenn davon genügend zur Verfügung steht. „Wenn die Nutzer angemessen informiert sind, können wir den durch Energieverbrauch entstehenden Ausstoss von Treibhausgasen reduzieren, ohne dabei an Komfort zu verlieren“, sagt der Forscher.

Die CO2-Bilanz der verfügbaren Energien quantifizieren
Das Gebäude kann seine Energie aus verschiedenen Quellen beziehen. Diese Energie kann aus dem Stromnetz kommen (etwa 1/3 aus Atomkraftwerken, 1/3 aus Wasserkraftanlagen, 1/3 importierte und ein wenig erneuerbare Energie), aber auch aus der Produktion vor Ort (z.B. durch Solarpanele auf dem Gebäude) mit der Möglichkeit einer Energiespeicherung. Diese verschiedenen Energiequellen sind nicht alle gleich umweltfreundlich. Deshalb bestimmte das Forscherteam die CO2-Bilanz aller für das künftige smart living building verfügbaren Energien, einschliesslich der Energie aus dem traditionellen Stromnetz. Nie zuvor wurde die durch das Schweizer Stromnetz entstehende Umweltbelastung Stunde für Stunde berechnet. „Dadurch wird es möglich, das dynamische Potenzial der zeitgebunden variablen Qualität der verfügbaren Energie voll zu nutzen, um die durch unsere Gebäude verursachte Umweltbelastung zu verringern.“

Ein wunderbares Tool zur Berechnung der Umweltbelastung durch die Energie
Nachdem es dem Team gelungen ist, die Verbrauchsmengen, die Produktion und ihre Auswirkung auf die Umwelt zu beziffern, kann mit dem massgefertigten Tool in Echtzeit bestimmt werden, welche Energiequelle das Gebäude bevorzugen sollte, um seinen ökologischen Fussabdruck so gering wie möglich zu halten. So können die unterschiedlichen Auslegungsvarianten für die Energiesysteme des Gebäudes schnell analysiert und miteinander verglichen werden. „Dieses Tool ist eine einzigartige Entscheidungshilfe, schlägt aber keine ultimative Strategie vor. Beim Bau (oder bei der Renovierung) eines Gebäudes müssen neben Umwelt und Energie noch weitere Kriterien berücksichtigt werden. Es spielen dabei Aspekte wie die finanzielle Einschränkung, ästhetische Wünsche und politische Ideen eine Rolle“, weiss Didier Vuarnoz.

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